"Um ein Jahr verschieben"

Interview: Tobias Miller

Herr Kern, warum lehnen die freien Träger ab, dass die Grundschulen künftig für die Hortbetreuung der Kinder zuständig sind?
Das lehnen wir doch gar nicht ab. Wir wollen jedoch unsere Kompetenz auch im neuen System einbringen und fordern deshalb, dass die gesamte Verlagerung von den Kitas an die Schulen um ein Jahr verschoben wird
Was wird dadurch gewonnen?
Zeit, um das gesamte Projekt besser vorbereiten zu können. Derzeit ist völlig unklar, unter welchen Bedingungen die freien Träger als Hortanbieter mit den Schulen zusammenarbeiten können. Vor allem die Finanzierung ist noch offen.
Aber es ist doch noch fast ein Jahr bis zum neuen Schuljahr.
So viel Zeit haben wir aber nicht. Frühestens Ende Oktober erfahren die freien Träger, unter welchen Bedingungen sie weitermachen können. Die Anmeldefrist für die neuen Erstklässler ist aber schon in den ersten beiden Novemberwochen. Dann müssen die Eltern auch sagen, ob und wie viel Hortbetreuungszeit sie brauchen. Keiner kann derzeit sagen, ob ein freier Träger ein Hortangebot machen wird. Das ist vor allem im Westen ein Problem, wo die freien Träger viele Hortplätze anbieten.
Die Kinder, für die bereits Verträge mit freien Trägern bestehen, bleiben aber in ihrem Hort?
Im Prinzip ja, aber nur, wenn der Träger sich den Weiterbetrieb leisten kann. Auch das wird sich erst zeigen. Ich gehe aber davon aus, dass die meisten Träger ihr Angebot nicht abrupt aufgeben. In Einzelfällen kann das aber durchaus passieren.
Was erwarten Sie fürs nächste Schuljahr?
Ein erhebliches Chaos.

Berliner Zeitung, 5. Oktober 04

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